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Reto Poltera: Der Herr der Sprünge

CALIFORNIA SURFING IM SCHWEIZER SCHNEE

Wie LAAX vor 30 Jahren den Skate- & Surf-Spirit von Kalifornien in den Schnee brachte. Und damit den konservativ aufgestellten Schweizer Wintertourismus nachhaltig veränderte. Mittendrin: der Schweizer Surfer und Snowboarder Reto Poltéra.

„Freestyle. Greenstyle. Lifestyle.“ Diesen Dreiklang lebt Reto Poltéra in seiner Wahlheimat LAAX. Im zarten Alter von 23 zog er von Zürich hoch hinaus in die weiße Wunderwelt von Graubünden und veränderte zusammen mit dem jungen Seilbahnbesitzer Reto Gurtner den Schweizer Wintertourismus grundlegend. Als Surfer, Skater und Snowboarder verbrachte er wie Gurtner, der heute dem Verwaltungsrat der Weissen Arena Gruppe LAAX vorsteht, sehr viel Zeit in Kalifornien. Ihre Vision: den Surfer-Spirit von der Westküste mit nach Hause in die Schweiz bringen. „Statt langweilig-glatte Pisten wollten wir Snowparks mit Steilkurven, Schanzen und allen möglichen und unmöglichen Obstacles“, sagt Poltera. 

Ein Schweizer Skiresort Anfang der 90er Jahre kann man sich jedoch ähnlich konservativ vorstellen wie ein katholisches Schweigekloster. „Die Verantwortlichen damals dachten alle, wir Snowboarder würden den ganzen Tag nur Kicker bauen und kiffen“, sagt der 52-Jährige und lacht graubündnerisch-charmant. Aber sehr schnell schwante auch dem letzten Bedenkenträger, dass die beiden Retos aus ganz anderem Holz geschnitzt waren. Sie waren fokussiert, konsequent, verlässlich und hatten vor allem zweierlei: eine durch und durch positive Lebenseinstellung. Und tonnenweise Leidenschaft.

Lifestyle: Wie bringt man den sonnigen Surfer-Style nach Graubünden?

Als Snowboard-Profi war der junge Reto in den wilden Neunzigern mit allen Ikonen des Sports befreundet. Sonnenklar also, dass er den Westcoast-Spirit von Kalifornien in den Schnee Graubündens bringen wollte. „Ich kann Pistenautobahnen nichts abgewinnen. Also bauten wir eine davon in einen Snowpark um.“ Jahr für Jahr shapten Reto und seine Mitstreiter mehr und mehr. Das Projekt wurde immer größer und größer, es kamen immer mehr Stadt-Kids. Nach einem Fernsehbericht des Weltspiegels über die „Beschlagnahmung“ einer gepflegt-eidgenössischen Piste durch wilde Snowboard-Horden kam es zu einem landesweiten Aufschrei der Empörung. „Aber das war das Beste, was uns passieren konnte!“, sagt Reto. Jede PR ist gute PR. Und irgendwann fiel auch dem letzten Konservativen der Groschen, dass die breite Masse Freestyle als interessant und cool wahrnahm. Apropos PR: Die „Burton European Open“, ein Snowboard-Event ungeahnter Dimension, das heute als „LAAX OPEN“ bekannt ist, katapultierte LAAX im Jahre 2005 unaufhaltsam nach oben. Der Rest ist Legende.

Freestyle: Junge Wintersportler sind heutzutage alles außer dogmatisch

Reto ist heute 52. 30 Jahre, nachdem er als junger, wilder Snowboarder seiner Vision folgte, leitet er heute das Ressort Education & Equipment in der Weissen Arena Gruppe, die die Destination Flims Laax Falera touristisch vermarktet. Und LAAX ist längstens DIE Referenz in Sachen Schneespaß. Nicht nur für Snowboarder, sondern genauso für Skifahrer. „Ich spreche nicht nur vom Snowboarden, sondern vom Freestyle. Ob Snowboard oder Ski – eigentlich sind das zwei verschiedene Geräte, mit denen man das Gleiche machen kann: Spaß haben. Uns geht es darum, jungen Menschen das zu geben, was sie wollen: Gemeinsam eine gute Zeit verbringen und etwas Sinnvolles zu machen, anstatt irgendwo rumzuhängen und Unfug anzustellen.“ Spaß statt Sekundenjagd: ein sehr verantwortungsvoller Ansatz.

Greenstyle: Wir haben keinen Plan(et) B. Also geht LAAX neue Wege.

Apropos Verantwortung: „Wir alle wollen, dass es der Natur gut geht. Weil wir sonst unseren Sport nicht mehr ausleben können. Also muss ein jeder im Kleinen die Natur schützen.“ Unter dem Label „Greenstyle“ geht LAAX auch im Großen neue Wege. „Wir fragen uns bei jedem Projekt, bei jedem Produkt und bei jeder Handlung: Ist das umweltfreundlich oder nicht?“. Also setzen die Graubündner voll auf Photovoltaik und Windenergie, um nicht nur klimaneutral zu werden, sondern auch grüne Energie zu erzeugen. Bereits seit 2008 werden z.B. alle Bergbahnen durch CO2-neutrale Schweizer Wasser- und Solarkraft betrieben. „Wir müssen auch das Thema Überfluss und Abfall mehr in die Köpfe bringen“, sagt Reto. Und wohin geht die Reise in Sachen Wintersport? „Qualität statt Quantität!“ Die Größe stimmt bei uns, wir müssen nicht noch mehr Parks bauen. Aber wir arbeiten täglich an der Qualität – und wir haben jedes Jahr neue Ideen. Und das Ziel, diese Ideen umzusetzen. Eine meiner Visionen ist eine Talabfahrt. Aber nicht als glatte Pistenautobahn, sondern als riesiger Funpark, mit natürlichen Transitions (Übergängen vom Flachen ins Vertikale) und jeder Menge Spaßprogramm.“ Energie-autark, weiß und doch grün, Spaß statt Sekundenjagd – so sieht die Vision des Reto Poltéra aus. Nach 30 Jahren brennt die Leidenschaft immer noch lichterloh.